Neueste Zeit

Aus Potsdam-Chronik
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Vorbemerkung
Das 20. Jahrhundert begann für die Potsdamer mit großen Hoffnungen. Seit 1871 lebten sie in Frieden. Die preußischen Könige hatten nach ihrer Krönung zum Kaiser des Deutschen Reiches ihre Residenz- und Garnisonstadt nicht vergessen. Der mit der Kaiserwürde verbundene Glanz strahlte auch auf Potsdam ab. Die Mehrzahl der Einwohner profitierte vom Hof und vom in der Stadt in Kasernen untergebrachten Militär sowie von der stetigen Zunahme der Touristen.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges im Sommer 1914 veränderte alles. Der Krieg griff in die Familien ein, machte Zukunftspläne zunichte und hinterließ unzählige Opfer. Die städtische Wirtschaft profitierte vom militärischen Geschehen. Und bis zum Ende des Krieges stand die Potsdamer Bevölkerung hinter ihrem Monarchen.

Das Ende des Krieges 1918 und die revolutionären Ereignisse im November des gleichen Jahres nahmen Potsdam den Wohlstand der Residenzstadt und hinterließen eine traumatisierte Bevölkerung. Mit dem Ende des Kaiserreiches konnte sie sich nicht abfinden, die Demokratie der Weimarer Republik lehnte sie ab und all ihre Hoffnung war auf eine Wiedererlangung des vormaligen Glanzes und Wohlstands gerichtet.


Glanz und Ende der Kaiserzeit
In der Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. setzte sich der Aufschwung fort, den Potsdam in den voran gegangenen Jahrzehnten genommen hatte. Neue repräsentative Bauwerke kamen hinzu, wie die Hauptpost, die Synagoge oder der Sitz des Regierungspräsidenten. Das Militär war nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Und die Zahl der Hoflieferanten nahm stetig zu.

Die Sozialdemokraten konnten Teilerfolge erringen. Die große Mehrheit der Potsdamer Bevölkerung wählte jedoch konservativ bzw. bürgerlich.

Der Zusammenbruch der kaiserlichen Herrschaft mit der Niederlage im ersten Weltkrieg traf die Potsdamer empfindlich und veränderte die Lebensverhältnisse gravierend. Hinzu kam die auf die Stadt zukommende Verpflichtung, die aus den ehemals zum Deutschen Reich gehörenden Gebieten vertriebenen Beamten mit ihren Familien aufzunehmen.

Potsdam um 1910


Trauerflor und brauner Sumpf
Garde-Ulanen-Tag 1930
Garde-Ulanen-Tag 1930
Das Ende der Monarchie stürzte die Potsdamer in ein Trauma. Kontinuität und Sicherheit hatten sie damit verbunden und nun fanden sie sich mit der Weimarer Republik in einem Staatsgebilde vor, das für sie das Gegenteil verkörperte.

Die nostalgische Verklärung der Hohenzollernherrschaft gab vielen Halt. Auch wenn sie sich in der Weimarer Republik anpassten, wurde das monarchische Gedankengut nicht aufgegeben und auch nicht das Ziel, die Demokratie wieder abzuschaffen. Damit verbunden war ein ausgeprägtes Bekenntnis zu den Rechtskonservativen. Mit dem Entstehen der nationalsozialistischen Bewegung und deren Erstarken wechselten jedoch zahlreiche - zunächst in konspirativer Form - von Schwarz zu Braun.

Bildquelle:Wikipedia


Der Anfang vom Ende
Die Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde in Potsdam begrüßt und mit einer Vielzahl von Hoffnungen verbunden. Das den neuen Machthabern einen Monat später unterbreitete Angebot, die Eröffnung des Reichstages in Potsdam zu zelebrieren, war für die politische Verantwortlichen der einstigen Residenzstadt logische Konsequenz.

Der Schulterschluß zwischen altem Preußentum und aufstrebendem Nationalsozialismus wurde von ihnen befördert und über die nachfolgenden Ereignisse hinweg daran festgehalten. Das alte Potsdam und das neue Deutschland wurde solange synonym gesehen, bis die Stadt letztendlich am 14. April 1945 im englischen Bombenhagel und in den nachfolgenden Bodenkämpfen mit den vorrückenden sowjetischen Truppen unterging.

Hitler und Hindenburg
Hitler und Hindenburg


Neubeginn: Aufbau und Vernichtung
Das Ende des Krieges brachte eine radikale Veränderung des Stadtbildes und mit einer neuen Bevölkerungsstruktur auch der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse.

Der Wiederaufbau der kriegszerstörten Stadt spiegelte das in baulicher Hinsicht wieder. Die Wiederherstellung repräsentativer Baudenkmäler der Hohenzollernzeit ging einher mit der Beseitigung der Überreste von Symbolen einstiger Hohenzollernmacht. Die Schaffung neuen Wohnraumes an den Rändern der Stadt ging einher mit dem fortschreitenden Verfall der historischen Innenstadt. Das Bemühen um sozialen Wohlstand und wirtschaftliche Erfolge ging einher mit der Zerstörung von für die Existenz der Stadt wichtigen sozialen und ökonomischen Strukturen.

Die Beseitigung von Widersprüchen führte zur Entstehung neuer. Mit der Veränderung der politischen Verhältnisse außerhalb des Landes entstand innerhalb desselben der Boden für ihre Lösung und die Notwendigkeit dafür nahm von Jahr zu Jahr zu.


Widerstand und erneutes Beginnen
Im November 1989 kollabierte die politische Macht. Die das Ende derselben herbei führende Bewegung sah sich vor die Aufgabe gestellt, neue Strukturen zu schaffen, Lösungen für die Tagesaufgaben zu finden, die Ziele für die Gegenwart und die Zukunft zu definieren sowie die Rahmenbedingungen für deren Umsetzung zu schaffen.

Die Folge war eine erneute umfassende Veränderung des Stadtbildes, der Bevölkerungsstruktur, der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Erstmalig in der Geschichte der Stadt erhielten die Potsdamer in ihrer Gesamtheit zugleich die Möglichkeit, sich in deren Entwicklung einzubringen.

Die sich seit Anfang 1990 in der Entwicklung befindende demokratische Kultur ist in der Geschichte Potsdams ohne Beispiel. Die Aneignung der Stadt im positiven Sinn ist aber zugelcih verbunden mit einer Zunahme von Verantwortung für deren aktuelle und künftige Entwicklung.