Potsdamer Tageszeitung

Aus Potsdam-Chronik
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In der Druckerei A. W. Hayn`s Erben erschien ab dem 1. Januar 1901 die Potsdamer Tageszeitung.

Eigentümer war zu diesem Zeitpunkt der Königlich-Preußische Kommerzienrat Curt Gerber (1855 - 1921). Curt Gerber orientierte das Unternehmen verstärkt auf Potsdam. 1899 verkaufte er das in seinem Haus bis dahin herausgegebene Berliner Intelligenzblatt, und ein Foto vom 2. Juni 1899 zeigt ihn gemeinsam mit dem Neubau des Potsdamer Betriebes und dieses wiederum im Schmuck eines gemalten Willkommensgrußes. Hans Wilde, der 1968 aus Anlaß seines 175jährigen Jubiläums eine Chronik des Unternehmens schrieb, leitet daraus die Vermutung ab, “daß an diesem Tage das Berliner Redaktionskollegium nach Potsdam übersiedelte, um gemeinsam mit den alten Hasen vom Potsdamer Intelligenzblatt den weitaus höheren Anforderungen gerecht zu werden, die eine Tageszeitung an ihre Herausgeber stellt”. Am 24. Juli 1921 starb Curt Gerber.

Nach seinem Tod übernahm Gerbers Sohn, Waldemar Gerber (1888 - 1968), die Leitung des Verlagshauses und damit auch die Aufsicht über die Potsdamer Tageszeitung. Im Jahr 1929 hatte sie eine Auflage von 23.000 Exemplaren und bezeichnete sich damit als “Größte Zeitung des Havellandes”. Die inhaltliche Orientierung der Potsdamer Tageszeitung kann als national-bürgerlich bzw. konservativ charakterisiert werden. Sie war ein “Familienblatt der gebildeten Stände”. Auch nach 1933 bleibt sie national-bürgerlich, jetzt als “Heimatzeitung für Stadt und Land”. Die Auflage stieg bis 1940 auf 40.000 Exemplare. Curt Gerber, so der Unternehmenschronist, soll sich auch schützend vor seine jüdischen Mitarbeiter gestellt haben und gab Personen die Möglichkeit zum Schreiben, denen vom nationalsozialistischen Regime Schreibverbot erteilt worden war. Unter Pseudonym publizierte so der spätere Bundespräsident, Theodor Heuss, nach 1940 für die Potsdamer Tageszeitung. Da seine Honorare nicht durch die Geschäftsbücher laufen durften, zahlte sie Gerber von seinem Privatkonto und ließ die Gelder privat überbringen. Am 4. Februar 1945 fielen die Bomben auf das Verlagsgebäude von A. W. Hayn`s Erben in Berlin, Zimmerstraße 29. Der Berliner Betrieb wurde total ausgebombt. Wenige Wochen später zogen die Russen in Potsdam ein. Die Potsdamer Tageszeitung stellte ihr Erscheinen in Potsdam ein.

1946 wurde die Firma einem Sequester unterstellt. Waldemar Gerber wurde zugleich aufgefordert, seine Entnazifizierung zu beantragen. 1948 wurde er von den gegen ihn ergangenen Denunziationen entlastet und die Sequestrierung wurde aufgehoben. Das galt jedoch nur für Berlin.

In Potsdam wurden am 29. Februar 1948 Druckerei, Verlag, Buchhandlung, sämtliche Grundstücke und Gebäude, auch die privaten der Familie Gerber, enteignet und in Volkseigentum umgewandelt. Im November 1954 kam - mit dem Erscheinungsort Speyer, gedruckt aber in Berlin - die Potsdamer Tageszeitung wieder heraus. Als ihr Herausgeber zeichnete Waldemar Gerber. Sie erschien zweimal im Monat und sollte “eine Brücke zwischen Potsdamern und Brandenburgern in Ost und West” schlagen (W. Gerber).

Ihr Erscheinen, so der Firmenchronist, wurde mit dem Mauerbau 1961 eingestellt.


Literatur

Hans Zappe: Greif und Adler. Vom Werden einer Offizin. Ein Stück Preußentum, Potsdam u. Berlin 1937

Querschnitt durch das redaktionelle Schaffen der Potsdamer Tageszeitung, Potsdam u. Berlin 1941

Hans Wilde: 175 Jahre A. W. Hayn`s Erben. Buchdruckerei und Verlag Berlin, Berlin 1968

Klaus Scheel: Die „Potsdamer Tageszeitung“, 86. Jahrgang – 1935. Eine Zeitung im dritten Jahr des Dritten Reiches. In: Dietrich Eichholtz (Hrsg.): Verfolgung, Alltag, Widerstand: Brandenburg in der NS-Zeit; Studien und Dokumente. Volk und Welt, Berlin 1993

Wolfgang Tripmacker: Die Potsdamer Tante. Aus der Potsdamer Verlagsgeschichte: A. W. Hayns Erben. In: Potsdamer Neueste Nachrichten v. 10. Dezember 1996

Wolfgang Tripmacker: Die Potsdamer Tante. A. W. Hayn`s Erben, Familie Gerber. In: Wolfgang Tripmacker: Potsdamer Verlagsgeschichte(n). Drei Jahrhunderte Buchherstellung in der Residenz-, Bezirks- und Landeshauptstadt, Wilhelmshorst 2008, S. 53 bis 57