Anmerkungen (20.10.1916)

Aus Potsdam-Chronik
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Stadtbaurat für Hochbau in Potsdam.

Die Stadtverordneten von Potsdam wählten in ihrer Sitzung am 20. Okt. 1916 wieder einen Stadtbaurat für Hochbau, den die Stadt vor längerer Zeit schon einmal besaß, dessen Stelle aber lange Jahre unbesetzt blieb. Die Wahl fiel mit 44 von 46 Stimmen auf den bisherigen Stadtbaumeister Dreves in Potsdam. Wer Potsdam und seine Umgebung auch nur flüchtig kennt, weiß, daß in diesem einheitlichen Architekturbild mit seiner wunderbaren landschaftlichen Umgebung die Tätigkeit des Stadtbaurates für Hochbau eine weit größere Bedeutung hat als in jeder anderen Stadt von etwa 70000 Einwohnern. Es treten daher an den neuen Stadtbaurat auch künstlerische Anforderungen heran, denen mit größtem Takt und mit weitest gehender persönlicher Selbstverleugnung entsprochen werden muß. Denn der Charakter der Stadt, den die künstlerischen Mitarbeiter Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms IV. bestimmt haben, ist so charakteristisch und für alle fernere künstlerische Tätigkeit in solchem Maße festgelegt, daß es des entwickeltsten und feinfühligsten künstlerischen Altruismus bedarf, soll das Stadtbild nicht nur nicht leiden, sondern wirkungsvoll weiter entwickelt werden. Hierbei käme den Organen der Denkmalpflege und der kunstsinnigen Oeffentlichkeit eine begründete Einwirkung zu. Zunächst bei dem Um- und Erweiterungsbau des Palastes Barberini zu einem städtischen Verwaltungs- und Versammlungsgebäude. Weiterhin beim Um- und Ausbau des alten Rathauses und der Bewahrung der Einheitlichkeit des alten Marktes. Ferner bei geplanten Schulneubauten usw. Für alle diese Hochbauten bedarf es eines entwickelten Stilgefühles, soll die bauliche Ueberlieferung Potsdams nicht leiden. Es bedarf aber auch eines festen Sinnes gegenüber etwaigen aus der eigenen Verwaltung an den Stadtbaurat herantreten Forderungen, die der baulichen Entwicklung des Stadtbildes und des Stadtorganismus widersprechen.

Deutsche Bauzeitung Nr. 88/1916, S. 460